…sagt Heffa Schücking, während ihre braunen Augen ruhig und gelassen durch das sandsteingerahmte Küchenfenster direkt auf die barocke Pfarrkirche der ehemaligen Residenzstadt Sassenberg blicken. Aber ihre Kindheit verbrachte sie weder in Afrika oder Indien, noch in Sassenberg auf dem von Johann Konrad Schlaun erbauten Familienstammsitz, sondern im Wilden Westen – in Texas. Dorthin hatte ihr Vater, der Physiker Engelbert Schücking, seine Familie Anfang der 60er Jahre mitgenommen. 1974 zog Heffa nach Sassenberg, und seit 1992 befindet sich hier der von ihr gegründete Verein Urgewald.
Heffas markantes Sternzeichen ist aber eher Profil als Symbol des Engagements. Das waren viel mehr die Primaten, jene Affen, mit deren Verhalten sie sich im Biologiestudium beschäftigte und deren Lebensräume heute massiv bedroht sind. Anders als ihre ersten role models, die großen Verhaltensforscherinnen Jane Goodall oder Dian Fossey, setzte sie von Anfang auf politischen Umweltschutz. „Menschenrechte und Umweltschutz hängen eng zusammen.“ Und wenn nötig, reist sie heute z.B. ins Land der Löwen nach Indien, um für ihre Kampagnen gegen die Zerstörung von gewachsenen Lebensräumen für Menschen und Tiere durch industrielle, von westlichen Großbanken finanzierte Projekte zu recherchieren – egal ob es dabei um die Abholzung der Regenwälder, riesige Zellstoffplantagen zur Papierherstellung, den Bau einer gigantischen Ölpipeline oder eines Staudamms geht, für den dutzende von Dörfern überflutet werden sollen, oder um ein Kohleabbaugebiet, das zur Zwangsumsiedlung – gemeint ist Vertreibung – von 200.000 Menschen führen würde. Gemeinsam mit sieben anderen Beschäftigten stört Urgewald mit ihren Kampagnen die Kredit- und Spekulationsgeschäfte der Weltbank und westlicher Konzerne.
Heffa Schücking verhandelt in den Vorstandsetagen der Banker, informiert z.B. auf Aktionärsversammlungen der kreditgebenden Gesellschaften und zeigt den Entscheidungsträgern persönlich und direkt vor Ort, wie sie durch ihr Geld Tausenden von Menschen die Existenzgrundlagen nehmen würden. Ihre Strategien sind eindeutig: die verantwortlichen Geldgeber informieren, Betroffenheit vermitteln, mediale Aufmerksamkeit schaffen und die Entscheidung herbeiführen, den Geldhahn zuzudrehen. Gemeinsam mit Urgewald ist Heffa Schücking das bereits mehrfach gelungen. In den Vorstandsetagen deutscher Banken ist ihr Name ein Signal. „Aber auch wenn eine Kampagne scheitert, geben wir nicht auf, sondern helfen den Betroffenen, sich weiterhin zu wehren.“
1994 wurde sie für ihr Engagement mit dem renommierten US-amerikanischen Goldman-Prize ausgezeichnet, ein Jahr später ernannte die Mona-Lisa-Redaktion des ZDF sie zur Frau des Jahres.
Und am Schluss des Interviews schaut Heffa Schücking doch etwas sphinxhaft: „Ach übrigens, auf welchem Papier wird eigentlich dieses Buch, für das wir dieses Gespräch führen, gedruckt?“