Dieser Ausspruch von Bernhard Clairvaux steht als Leitsatz für Schwester Firmata in einem Jahresbüchlein. Weiter heißt es dort: „Schwester Firmata drängte sich niemals auf; sie mied das Laute und Lautstarke. Aber ihr beherztes Eintreten für die Menschen, ihr Gottvertrauen und ihre tiefe Frömmigkeit fanden immer wieder Wege der Versöhnung und des Friedens. Sie förderte das Beste in jedem Menschen, lockte das Gute, lobte und ermutigte – und erzielte so echte Erfolge bei den Kranken.“1
Wer war diese Frau? Die Recherche zu einer einzelnen Mauritzer Franziskanerin ist nicht leicht. Es ist nicht im Sinne des Ordens, individuelle Leistungen und Erfahrungen hervorzuheben. Die Schwestern machen kein Aufheben von ihren Tätigkeiten und hinterlassen kaum dokumentierte Spuren.
Als Maria Deffte wurde sie am 8. Dezember 1923 in Kirchhellen in eine bürgerliche Familie geboren und hatte zwei Geschwister. Ungefähr ab 1942 besuchte sie die Krankenpflegeschule am St. Franziskus-Hospital in Münster. In diese Zeit fiel auch ihre erste Besichtigung des Telgter St. Rochus-Hospitals und ihre erstmalige Begegnung mit psychisch Kranken. Am 28. April 1945 trat sie in den Orden nach der dritten Regel des Hl. Franziskus ein. Als ausgebildete Krankenschwester ging sie 1948 in das St. Joseph-Stift nach Bremen und kehrte 1954 ins Münsterland zurück, um als Stationsschwester im St. Rochus-Hospital in Telgte zu arbeiten. 1972 wurde sie Schwester Oberin im Stift Tilbeck, zehn Jahre später im St. Rochus-Hospital. Mit 70 Jahren wechselte Schwester Firmata in den Konvent „Maria Hilf“ über, leitete dort den Handarbeitsraum und arbeitete gemeinsam mit den älteren Schwestern zur Unterstützung der Missionsstationen. Am 9. November 1996 erlag sie einer langjährigen Herzkrankheit.
Mit ihrer starken Persönlichkeit hinterließ Schwester Firmata im St. Rochus-Hospital deutliche Spuren. Unter ihrer Pflegedienstleitung änderte sie den Umgang mit den psychisch Kranken grundlegend und wurde damit zur Vorreiterin einer modernen Psychiatrie. So hob sie die Abgeschirmtheit der Kranken auf, bezog sie ins Alltagsleben ein und öffnete das Hospital für die Öffentlichkeit. Die großen Erweiterungsbauten des Hospitals sind maßgeblich von ihr angestoßen worden. Bis zu ihrem überraschenden Tod war sie immer in Bewegung. Um schneller vor Ort zu sein, fuhr sie mit dem Fahrrad durch die Gänge im Klinikkeller.
Auf ihre Leistungen angesprochen, verwies sie immer „auf den, der letztlich hinter allem steht“2. Nach weltlichem Verständnis war sie eine Managerin mit Weitblick und Führungsqualitäten.
1981 wurde Schwester Firmata für ihre außerordentlichen Verdienste mit der Paulus-Plakette des Bistums Münster ausgezeichnet.
In diesen Lobgesang auf die plattdeutsche Sprache ihres Lieblingsdichters Augustin Wibbelt hätte Berta Kloß sicherlich stets eingestimmt.
Elisabeth Theodora Schemmel wurde am 12.August 1919 als jüngstes von fünf Kindern in Telgte geboren. Auch nach ihrer kaufmännischen Ausbildung im Apothekengroßhandel in Münster, ihrer Heirat und der Geburten ihrer Kinder Peter und Barbara war Frau Kloß in Telgte fest verwurzelt, wo man sie unter dem Namen Berta kannte.
Mit 19 Jahren hatte sie erste Kontakte mit dem Plattdeutschen Theater, als 1938 die Kolpingfamilie im Rahmen der 700-Jahr-Feier der Stadt ein Theaterstück aufführte und Berta Kloß kurzerhand als Souffleuse engagiert wurde. Nach dem Krieg begann sie selbst Theaterspiele zu organisieren: ab 1951 im Mütterverein, ab 1963 in der Kolpingfamilie, später mit der Feuerwehr. 1980 hatte Elisabeth Kloß maßgeblichen Anteil an der Wiederbegründung des Plattdeutschen Krinks, zusammen mit Marga Dierkes und Alfons Lütke Schwienhorst, um die plattdeutsche Sprache vor dem Aussterben zu bewahren. Begeistert las und sang sie selbst plattdeutsche Stücke.
Unter ihrer Führung bildete sich eine Laienspielgruppe des Landvolkes und der Telgter Landjugend, die zum Erntedankfest des Jahres 1983 den plattdeutschen Einakter „Dat verdreihte Bok“ auf die Bühne brachte. In den kommenden Jahren folgten weitere Inszenierungen. Als Beitrag zum 750-jährigen Stadtjubiläum Telgtes führte die plattdeutsche Theatergruppe am 31. Mai 1988 den Dreiakter „Tante Frieda“ im Rahmen der Telgter Festwochen vor über 1000 begeisterten Zuschauern auf. Ab 1989 präsentierte sich dann die plattdeutsche Theatergruppe alljährlich im Bürgerhaus. Erst 1994, mit 75 Jahren, verließ die Regisseurin Berta Kloß die plattdeutsche Bühne.
Im selben Jahr wurde sie zum Ehrenmitglied des Telgter Heimatvereins ernannt, dessen Vorstand sie bislang als Vertretung des plattdeutschen Krinks angehörte. Eine solche Ehre war zuvor nur Augustin Wibbelt selbst zuteil geworden. Konsequenter Weise erhielt sie sechs Jahre später die Augustin-Wibbelt-Plakette, mit der der Kreisheimatverein alljährlich Persönlichkeiten würdigt, die sich besonders für das kulturelle Leben im Kreis Warendorf eingesetzt haben. Zuvor war ihr 1996 die Plakette der Stadt Telgte für ihre Verdienste um den Erhalt der plattdeutschen Sprache und die Pflege des westfälischen Brauchtums verliehen worden.
„Du bis den Ährenplatz wull wärt.“2
Vier Jahre vor Margots Geburt übernahm ihr Vater Werner Habig als Direktor eine Firma, die vorrangig Milchzentrifugen produzierte, die „Westfalia Separator AG“ in Oelde, und machte sie zu einem führenden Unternehmen der Melktechnik. Seine beiden Kinder wurde von Anfang an in dieses Unternehmen einbezogen: die ältere Tochter Margot machte nach dem Abitur im Jahr 1938 eine kaufmännischen Lehre, der Bruder Heinz-Werner übernahm den Geschäftsbereich in den USA. Als er und seine Frau 1954 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen, veränderte dies das Leben der inzwischen mit Otto Müller vermählten Margot sehr. Von da an musste sie gemeinsam mit ihrem Mann die Interessen der Firma wahrnehmen, zum Beispiel als einziges weibliches Mitglied im Aufsichtsrat von 1957 bis 1993.
Ihre gesellschaftliche Stellung nutzte Margot Müller-Habig, um den Menschen die Kulturgeschichte ihrer westfälischen Heimat zugänglich zu machen. Ihre profunden Kunstkenntnisse setzte sie in tatkräftige Unterstützung für verschiedene Museen in der Region um; insbesondere das Museum Abtei Liesborn förderte sie mit zahlreichen Schenkungen und Dauerleihgaben in einem Ausmaß, das erst nach ihrem Tod bekannt gegeben werden durfte. Die Zusammenarbeit begann, als 1987 die Villa ihrer Eltern aufgegeben wurde. Aus dem Familienbesitz stellte sie dem Museum neben Gemälden, Schränken, Truhen, Porzellan, Bestecke, Glaswaren und Textilien auch einen Großteil ihrer Kunstbibliothek zur Verfügung und beteiligte sich am Ankauf verschiedener Kunstwerke, vor allem für die dortige Kruzifixsammlung. Ihre lebenslange Verbundenheit mit der Melktechnik spiegelt sich in ihrer umfangreichen Sammlung bedeutender Druckgraphiken zum Thema Milchwirtschaft und Nutztier Kuh vom späten Mittelalter bis in ihre Zeit wider, die das Museum Abtei Liesborn für mehrere Ausstellungen nutzte.
Großes Interesse zeigte Margot Müller-Habig an der Geschichte deutscher Auswanderer – speziell aus der unmittelbaren Umgebung – in die Vereinigten Staaten. Sie förderte zum Beispiel die Herausgabe einer Briefsammlung der Auswanderin Henriette Bruns. Zur Bewahrung und Erforschung des westfälischen Erbes in den Vereinigten Staaten wurde sie Mitbegründerin und Ehrenpräsidentin der „Westphalian Heritage Society“. Sie versorgte die Gesellschaft mit Büchern und authentischem Material aus der Heimat. Ebenso ebnete sie ab 1995 den Weg für regelmäßige Schüleraustausche. Für ihr Engagement erhielt sie 2006 die Paul-Harris-Auszeichnung der Internationalen Rotary Stiftung.
Um das Schicksal jüdischer Familien in Oelde und auch das ihrer ehemaligen jüdischen Klavierlehrerin Trude Hope für die Nachwelt zu erhalten, regte sie 2003 die Herausgabe der Dokumentation „Ausgegrenzt, Anerkannt und Ausgelöscht“1 an.
Ein besonderes Anliegen waren ihr die Frauenbildung und die Stellung der Frau in der Kirche. In der Kirchengemeinde St. Joseph gründete sie 1955 den Mütterverein, deren Vorsitz sie 24 Jahre lang inne hatte. Auch die Gründung der Familienbildungsstätte in Oelde im Jahr1972 ging auf ihre Initiative zurück.
Seit 1961 war sie Mitglied im Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem. Ihre herausgehobene Position hat sie stets als Verpflichtung zu sozialem Engagement betrachtet.
Die freischaffende Bildhauerin Hilde Schürk-Frisch lebte fast ihr ganzes Leben in Münster. Viele ihrer Werke finden sich in dieser Stadt, aber auch in den Städten des weiteren Münsterlandes und in der ganzen Welt.
Geboren wurde sie 1915 in Ennigerloh als achtes von zwölf Kindern. Die Schwestern der Hildegardisschule in Münster, die sie ab 1925 unterrichteten, entdeckten ihr bildhauerisches Talent bei der Anfertigung von Tonarbeiten. Noch vor dem Abitur erhielt sie durch zwei Bildhauer erste Unterrichtsstunden. Sie machten ihr Mut, diesen Beruf zu erlernen.
Die Eltern waren der Überzeugung, dass jeder einen Beruf nach seiner Neigung ausüben solle, und unterstützten ihre Wahl. So konnte sie in München an der Kunstakademie und in Berlin an der Akademie für bildende Künste ihr Studium aufnehmen.
Als ihr Vater 1937 starb, meißelte sie das Grabrelief in Ennigerloh. 1938 heiratete sie den Juristen Dr. Josef Schürk, der sie darin bestärkte, als Bildhauerin zu arbeiten. Bereits 1939 wurde er eingezogen. Aus der Ehe entstammen drei Töchter, die Hilde Schürk-Frisch nach dem Tod ihres Mannes in den letzten Kriegstagen nun alleine großziehen musste. In der Kriegszeit wurde die Familie nach Ennigerloh evakuiert, wo die Künstlerin in einem Pferdestall ihr Atelier einrichtete. Hier arbeitete sie vor allem an Porträts der heimischen Bevölkerung.
Nach dem Krieg zog Hilde Schürk-Frisch wieder nach Münster, wo sie im Garten ihres Hauses ein Atelier einrichtete, welches sie als ihr „eigentliches Wohnzimmer“ bezeichnete. Häufiger Gast in ihrem Atelier war der Philosoph Josef Pieper, der eine enge Freundschaft zu ihr unterhielt und zahlreiche ästhetisch-philosophische Gedanken zu ihrem Werk verfasste. Zunehmend bekam sie öffentliche Aufträge von Städten und Kirchengemeinden. Sie wandte sich verstärkt religiösen Motiven zu, aber auch Themen, die sich gegen Krieg und Gewalt richten. Als Beispiel sei hier „Der Mahner“ aus dem Jahr 1967 genannt.
Im Jahr 2005 wurde in Paderborn ein Skulpturengarten mit 14 ihrer Werke eröffnet.
Dass Herma Blum in Ahlen lebte, ist nur einem Zufall zu verdanken. Auf der Flucht aus Mitteldeutschland 1945 in einem gemieteten Auto mit Fahrer ging ausgerechnet in Ahlen zur Sperrstunde das Benzin aus. Sie musste Station machen und blieb gemeinsam mit Mutter und Schwester für den Rest ihres Lebens in dieser Stadt.
Die 1911 in Düsseldorf geborenen Zwillingsschwestern Herma und Anita Blum waren beide künstlerisch begabt. Während Anita sich zunächst der Bildhauerei zuwandte, absolvierte Herma eine Weberlehre und besuchte anschließend die Werkkunstschule in Düsseldorf. Schon mit 23 Jahren gründete sie eine eigene Werkstatt und lehrte ab 1942 zusätzlich an der Textilfachschule in Krefeld.
In Ahlen begann sie 1945 unverzüglich eine neue Werkstatt einzurichten. Hier standen schon bald zwei Hochwebstühle für Gobelins und Knüpfteppiche und drei Flachwebstühle für Stoffe. Zeitweise beschäftigte sie in ihrer Werkstatt fünf bis sieben Lehrlinge und Gesellinnen, ausschließlich Frauen. Hergestellt wurden neben Kleiderstoffen auch Tisch- und Sofadecken, von deren Verkauf sie ihren Lebensunterhalt bestritt. Sieht man sich Stoffe aus jener Zeit an, so beeindrucken sie durch ihre Vielfalt, ihre Festigkeit und ihre intensive Farbigkeit. Neben ihrem Engagement als Webmeisterin, später als Oberwebmeisterin in der Ausbildung und in der Innung, setzte sie sich auch als Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft Kunsthandwerk NRW für die Förderung und Verknüpfung von Kunst und Handwerk ein.
Mitte der 50er Jahre wurde sie jedoch so krank, dass sie ihre Arbeit für mehr als sieben Jahre unterbrechen musste. Danach begann die künstlerisch produktivste Zeit. Aus der Webmeisterin wurde eine Textilkünstlerin. Sie wandte sich verstärkt der künstlerischen Technik des Gobelins zu. Auf ihren Wand- und Bildteppichen sind vielfach Gärten zu sehen, Flora und Fauna, besonders Fische, daneben auch Darstellungen von Tages- und Jahreszeiten und der Schöpfung. Ihre Werke werden in den folgenden Jahren immer abstrakter, kleinformatiger, die Farbgebung immer heller. Auffallend ist ihr freier Umgang mit den Farben, ihre ganz persönliche Note. Es sind warme, intensive Farben, immer Zwischentöne und weiche Übergänge, die Grundfarben findet man bei ihr nie. Die Wolle färbte sie stets selbst, leider trug die Essigsäure, die sie dabei verwandte, mit dazu bei, dass sie in ihren letzten Jahren fast ganz erblindete. Sie starb 2002 in Ahlen.
Neben ihrer künstlerischen Selbständigkeit und persönlichen Unabhängigkeit beeindruckte Herma Blums Arbeitsethos, ihr „Pflichtbewusstsein gegenüber ihrer Kunst“ . Nur wenige ihrer Arbeiten sind öffentlich zugänglich. Im Rathaus der Stadt hängt ein großformatiger Gobelin, der Ahlen als ‚Industriestadt im Grünen‘ zeigt, den Herma Blum nach einem Entwurf des Ahlener Künstlers Hermann Schweizer anfertigte.
Als Juristin der ‚ersten Stunde’ gehörte Dorothea Nolte, die aus Protest über die genötigte Namensablegung nach ihrer Heirat im Jahre 1927 mit ihrem Kollegen Alfred Bähnisch ihren Vornamen mit dem ihres Geburtsnamens zusammenzog, zu den weiblichen Pionieren in der preußischen Verwaltung. So erstritt sie sich bereits 1922 nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Münster als erste Frau eine Ausbildung zur Verwaltungsreferendarin. 1946 wurde die Sozialdemokratin und zweifache Mutter, die sich während des Nationalsozialismus als Anwältin und Widerstandskämpferin mutig für Verfolgte eingesetzt hatte, als erste – und lange einzige – Frau zur Regierungspräsidentin in Hannover sowie 1959 zur ersten weiblichen Bevollmächtigten eines Bundeslandes in Bonn ernannt.
Aufgewachsen mit ihren sechs Geschwistern als Tochter eines Gymnasiallehrers in Warendorf, legte sie 1919 in Köln bei den Ursulinen ihr Abitur ab, studierte Jura in Münster mit dem für eine Frau damals unerhörten Ziel, in der öffentlichen Verwaltung tätig zu werden. Nach ihrem Gerichtsreferendariat, u. a. am Amtsgericht Warendorf, erkämpfte sie sich eine Stelle als erste weibliche Regierungsreferendarin für die Verwaltung, bevor die Assessorin 1926 nach Berlin in das Polizeipräsidium berufen wurde.
Nach ihrer Heirat konnte sie nur mit großen Schwierigkeiten erreichen, als weibliche Beamte weiter arbeiten zu können. 1930, nachdem ihr Ehemann Landrat in Merseburg geworden war, verabschiedete sie sich aus der Verwaltung und gründete den ‚Freiheitsverlag’, der sich vor allem mit Publikationen gegen den aufkommenden Nationalsozialismus hervortat. Unmittelbar nach dem Krieg eröffnete Bähnisch zunächst in Köln eine Anwaltspraxis, bevor sie im Frühjahr 1946 als Regierungsvizepräsidentin, ab Herbst als weiblicher Regierungspräsident nach Hannover berufen wurde, bis sie vom niedersächsischen Ministerpräsident als erste Frau zur Bevollmächtigten eines Landes beim Bund im Rang einer Staatssekretärin (1969-1964) ernannt wurde.
Zugleich engagierte sie sich für eine neue Frauenpolitik. Bereits 1946 gründete sie den „Club deutscher Frauen“ in Hannover, zwei Jahre später die Zeitschrift „Die Stimme der Frau“. 1949 war sie Mitbegründerin des bundesweit agierenden Vereins „Deutscher Frauenring“, dem sie bis 1953 vorstand.
Für ihren lebenslangen Einsatz für Friedens- und Menschenrechte wurde Bähnisch mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Großen Verdienstkreuz Niedersachsens und dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern.
So lautet die Inschrift auf dem Grabstein in Enschede, wo die Drensteinfurter Jüdin Hedwig Terhoch ihre letzte Ruhestätte fand. Die drei Schwestern de Leeuw ehren mit diesen Worten das Andenken ihrer Pflegemutter, die ihnen nach der Ermordung ihrer leiblichen Eltern zu einer wirklichen Mutter wurde.
Die Judenverfolgung während des Dritten Reichs hat im Jahre 1937 die damals vierzigjährige Hedwig Terhoch in das vermeintlich sichere Nachbarland Holland vertrieben, während ihre Schwestern Emma und Helene bei der alten und kranken Mutter in Drensteinfurt bleiben. Sie geht zunächst nach Losser und tritt dann eine Stelle in Enschede an. Hedwig Terhoch arbeitet als Haushälterin bei der Familie de Leeuw in Enschede. „Meine Eltern hatten eine Schlachterei in Enschede und waren den ganzen Tag im Geschäft. Frau Terhoch beschäftigte sich mit den Kindern und kümmerte sich um den Haushalt“, erinnerte sich die jüngste Tochter Ity 1988. Nach der Besetzung Hollands durch deutsche Truppen und der Verschleppung des Vaters der Familie de Leeuw nach Mauthausen werden die Kinder, ihre Mutter und Hedwig Terhoch mit Hilfe einer Untergrundorganisation getrennt zu verschiedenen „Untertauchadressen“ gebracht. Zuvor verspricht Hedwig Terhoch Frau de Leeuw, die drei Mädchen aufzuziehen, falls ihre Eltern nicht zurückkehren. Doch genau das geschieht. Frau de Leeuw wird in Amsterdam denunziert und nach Auschwitz deportiert, während Hedwig Terhoch der Deportation in verschiedenen Verstecken an der deutsch-holländischen Grenze entgeht. Die drei Mädchen kommen nach Kriegsende zurück nach Enschede, zu Hedwig Terhoch. „So wurde sie unsere Mutter. Sie ist nie verheiratet gewesen und hat uns allein aufgezogen.“ Die Familie wohnt in Enschede im Haus der Großeltern der drei Mädchen. Die Vermietung der oberen Etage des Hauses hilft, den Lebensunterhalt der vier Personen zu bestreiten.
In den fünfziger Jahren besucht Hedwig Terhoch mehrmals mit ihren Töchtern frühere Freunde in Drensteinfurt, trotz der Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung ihrer beiden Schwestern und anderer Familienangehöriger. In den letzten Jahren lebt sie im jüdischen Altersheim in Enschede, wo sie 1969 stirbt.
Warendorf 1872 – ein Landstädtchen an der Ems mit einem humanistischen Gymnasium für die Söhne der Stadt und des Umlandes, die hier seit 1856 das Abitur machen können. Pauline Hentze ist es zu verdanken, dass nun auch Mädchen eine höhere Schulbildung angeboten wird.
Sie selbst – als Tochter eines Juristen und einer adeligen Mutter – hatte das Glück, die „Höhere Erziehungs-Anstalt“ in Münster besuchen zu dürfen. Mit einem Privatstudium erlangte sie das Zeugnis für den Unterricht an Elementarschulen.
Im Sommer 1872 eröffnete das 24jährige Fräulein Hentze an der Brünebrede 25 eine Höhere Töchterschule mit einem Internat für auswärtige Schülerinnen – nach Oelde (1868) die zweite im heutigen Kreisgebiet. Zuvor allerdings schrieb ihr die Königliche Regierung in Münster noch vor, die „Prüfung für das Amt der Vorsteherin an einer weiblichen Unterrichts- und Erziehungsanstalt“ abzulegen.
Wie damals üblich, mussten die Schulgründerinnen ihre Privatschulen selbst finanzieren, indem sie Schuld für ihre Zöglinge erhoben. Pauline Hentze hatte Erfolg, bereits im ersten Jahr meldeten sich 15 katholische, evangelische und jüdische Schülerinnen an.
Die Töchterschulen vergaben keine Berechtigungen. An ein akademisches Studium für Mädchen wurde noch nicht gedacht. Die bürgerlichen Familien im kaiserlichen Deutschland wünschten sich für ihre Töchter eine standesgemäße Ausbildung, damit sie ihren späteren Aufgaben als Ehefrau, Hausfrau und Mutter besser nachkommen konnten. Die Töchterschulen sollten aber auch ledigen Mädchen zu einer selbständigen, geachteten Existenz verhelfen, etwa als Privatlehrerin oder Erzieherin.
Der „Lectionsplan“ der Hentzeschen Schule war umfangreich: Deutsche Sprache, Aufsatz, Grammatik und Literatur, Kopf- und Tafelrechnen, Weltgeschichte und Geographie, Physik und Chemie, Zeichnen, Handarbeit und natürlich Religion. Einen Schwerpunkt setzte Pauline Hentze bei der französischen Sprache. Jeden Tag wurde französische Grammatik und Konversation gelehrt. Sie selbst beherrschte dank ihrer belgischen Mutter das Französisch wie eine Muttersprache.
Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Töchterschule so gut, dass drei Schwestern von Pauline Hentze an der Schule tätig wurden. 1876 besuchten 45 Mädchen die Schule. Doch als Pauline im selben Jahr den Fabrikanten Oscar Eylardi heiratete, war ihre Karriere vorbei, schließlich war eine verheiratete Lehrerin in Warendorf nicht tragbar. Und auch ihre Schwestern konnten das Institut – nun in eigener Regie – nicht mehr lange halten: 1881 musste die Höhere Töchterschule geschlossen werden.
Über Menschen aus den sog. Unterschichten können wir Biografien zumeist nur sehr bruchstückhaft rekonstruieren.2 Das Beispiel der Maria Catharina Lücke aus Sassenberg soll hier skizzenhaft zeigen, wie die Lebensbedingungen einer Frau in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aussahen, die nicht in sozial und materiell abgesicherten Verhältnissen lebte.
Die Herkunft der Maria Catharina Lücke aus Sassenberg liegt im Dunkeln. Vermutlich stammte sie aus einer kleinbäuerlichen Familie oder einer Heuerlingsfamilie, die ohne eigenen Grundbesitz bei einem Bauern zur Miete wohnte und neben einer kleinen Subsistenzwirtschaft landwirtschaftliche Arbeiten im Tagelohn verrichtete bzw. im Leinengewerbe tätig war. Mit Sicherheit stammte sie aus armen Verhältnissen, in denen Bettelei zumindest phasenweise zum Lebensunterhalt gehörte.
Als sie am 16. September 1829 dem Bürgermeister in Sassenberg vorgeführt wurde, war sie schon mehrfach durch Bettelei aufgefallen und von den Vertretern der lokalen Obrigkeit deswegen ermahnt worden bzw. hatte Strafandrohungen erhalten. Dabei hatte sie ihren festen Wohnsitz in Sassenberg und gehörte nicht zu den vagierenden Bettlern. Der Bürgermeister konstatierte, dass sie „nur aus Muthwillen bettelt, da sie nach Aussage aller hiesiger Eingesessener es nicht nothwendig hat, sondern recht gut arbeiten kann.“ Eine Stellungnahme Maria Catharinas fehlt dazu. Auf Vorschlag des Bürgermeisters wurde sie von der Regierung für drei Monate in das Landarmenhaus Benninghausen eingewiesen. Maria Catharina verbrachte den Rest des Jahres 1829 in dem ehemaligen Kloster bei Soest, das erst acht Jahre zuvor vom preußischen Staat eingerichtet worden war und alle aufnehmen sollte, die nicht von den Kommunen oder Korporationen versorgt werden konnten, außerdem Bettler, Prostituierte und Diebe. Damit hatte es zumindest in den ersten Jahrzehnten seiner Existenz eine Mischfunktion aus Erziehungsheim, Strafanstalt, Waisen-, Armen- und Arbeitshaus. Die Lebensbedingungen waren sicher nicht die angenehmensten.
Maria Catharina wurde zu Arbeiten herangezogen, und nach dem Ablauf der drei Monate meldete der Hausverwalter von Benninghausen, dass sie „jetzt erst anfängt einige Thätigkeit zu zeigen“. Er schlug eine Verlängerung ihres Aufenthaltes um weitere drei Monate vor, die anstandslos genehmigt wurde.
Kurz vor ihrer Entlassung im Frühjahr 1830 stellte der Sassenberger Bürgermeister einen Platz im Armenhaus zur Verfügung, wo Maria Catharina weiterhin unter Aufsicht zur Arbeit angehalten werden konnte und wo sie offensichtlich die nächsten Jahre lebte.
Nach weiteren Fällen von Bettelei schlug der Bürgermeister 1833 einen dauerhaften Aufenthalt der als „schwachsinnig“ eingestuften Maria Catharina in Benninghausen vor. Doch erst 1842 erfolgte nach zahlreichen Strafen und Abmahnungen eine erneute Einweisung. – diesmal für ein Jahr, das sie aber nicht mehr komplett dort verbrachte. Am 12. Juni 1843 verstarb Maria Catharina Lücke in Benninghausen an Altersschwäche.
Margaretha Elisabeth von Manderscheid-Blankenheim-Gerolstein entstammte einem alten Grafengeschlecht in der Eifel, das im 16. und 17. Jahrhundert Söhne und Töchter in alle namhaften Dom- und Kanonissenstifte Nordwestdeutschlands schickte. Als sie 1591 im Stift Freckenhorst zur Äbtissin gewählt wurde, war sie schon seit 1585 Küsterin bzw. seit 1588 Dechantin im kaiserlich-freiweltlichen Damenstift Essen, seit 1586 (bis 1591) Äbtissin des Stifts Gerresheim und des Stifts Schwarzrheindorf bei Bonn, das durch kriegerische Handlungen kurz zuvor völlig zerstört worden war.
Entgegen der Freckenhorster Wahlvereinbarung ließ sie sich 1598, als in Freckenhorst gerade die Pest wütete, auch in Essen zur Äbtissin wählen. Gestützt auf ihre einflussreiche Verwandtschaft in den protestantischen Niederlanden konnte Margaretha Elisabeth sich als Calvinistin bis zu ihrem Tode in allen Ämtern behaupten und den auf Rekatholisierung drängenden Kräften im Fürstbistum Münster die Stirn bieten. Über ihre Regierungszeit ist für alle Stifte nur wenig bekannt. Doch auch wenn sie sicher nur kurze Zeit persönlich in Freckenhorst residierte, zeigen Dankschreiben der ihr untergebenen Bauern und Kötter deren Vertrauen in ihre „gnedige Fürstin und Frau“.
Sie starb während einer mehrmonatigen Besuchsreise zu ihrer Schwester in Arnheim am 28. November 1604 und wurde dort in der „Groote Kerk“ in der Gruft der Herzöge von Geldern beigesetzt.