„Die weise Urmutter mahnt“1

Elisabeth Reckmann

geb. Hölscher | 1894 – 1976

Beckum/Oelde
Warendorf

Politik/Verwaltung

Elisabeth Reckmann inmitten von männlichen Abgeordneten

Über die einzige weibliche Abgeordnete der Stromberger Gemeindevertretung und des Beckumer Kreistages während der Zeit der Weimarer Republik gibt es neben der Angabe ihres Namens und eines Fotos, das sie inmitten einer Schar von männlichen Parlamentariern zeigt, kaum Überlieferungen.
Die engagierte Hausfrau und Mutter von drei Kindern, die in Wadersloh geboren und aufgewachsen war, zog Anfang der 1920er Jahre anlässlich ihrer Heirat mit dem Schreiner Heinrich Reckmann nach Stromberg, in den Ort, der über 50 Jahre der Wirkungsbereich ihrer vielfältigen Aktivitäten werden sollte.
Nachdem sie bereits 1925 als einzige Mandatsträgerin der „Liste Kleinlandwirtschaft” in den Beckumer Kreistag gewählt worden war, wechselte die unter der Berufsbezeichnung „Hausfrau“ bzw. „Ehefrau“ geführte Kreistagsabgeordnete 1929 in die Zentrumspartei, für die sie bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Kreistag im Jahre 1932 im Beirat des Kreisjugendamtes tätig war. Gleichzeitig wurde sie wiederum als einzige weibliche Kandidatin neben elf männlichen Mandatsträgern in den Stromberger Gemeinderat gewählt, aus dem sie schließlich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ausscheiden musste, obgleich sie anlässlich der Wahl zur Gemeindevertretung mit ihrer Arbeiterliste „Reckmann und Höckelmann“ unter insgesamt fünf Listen die zweitmeisten Stimmen in Stromberg erhalten hatte.

Neben ihrer parlamentarischen Arbeit war Reckmann bis zu dessen Auflösung im Jahre 1933 im „Pächter- und Kleinbauernbund“ tätig, der sich maßgeblich für die Gründung von Ländlichen Fortbildungsschulen und Kleinsiedlerstellen einsetzte. Zudem war die rede- und schreibgewandte Frau, die lange Jahre in ihrem Heimatort für die ‚Glocke’ als freiberufliche Redakteurin tätig war, stets erste Ansprechpartnerin für Probleme und Anfragen ihrer Mitbürger/-innen.

Ihr couragiertes Auftreten wurde ihr am 23. August 1944 zum Verhängnis, als sie während der „Aktion Gewitter“, einer umfassenden Verhaftungsaktion nach dem gescheiterten Attentat des 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler, als einzige Person aus Stromberg festgenommen und in Münster drei Tage lang inhaftiert wurde.
Nach dem Zeiten Weltkrieg engagierte Elisabeth Reckmann sich in zahlreichen sozial-caritativen Vereinen. Zugleich war sie Mitbegründerin und erste Vorsitzende des „Verein für Stromberger Freilichtspiele in Stromberg i. W.“ (1951 – 1955), an dessen Bühne sie bereits im Jahre 1930 als Darstellerin der „weisen Urmutter“ in dem Schauspiel „Die Kreuznacht on Stromberg“ debütierte.


Julia Paulus

1 Bildunterschrift, In: Ulrich Gehre, Fünfzig Jahre Freilichtspiele in Stromberg. Das Spiel auf den Stufen: Eine Chronik, Oelde 1975, S. 14