„Genügend befähigt zur Leitung einer höheren Töchterschule von geringerem Umfang.“1

Pauline Hentze

verheiratete Eylardi | 1848 – 1928

Warendorf

Bildung/Wissenschaft

Abb.: um 1889
Foto: Ekkehard Gühne, Warendorf

Warendorf 1872 – ein Landstädtchen an der Ems mit einem humanistischen Gymnasium für die Söhne der Stadt und des Umlandes, die hier seit 1856 das Abitur machen können. Pauline Hentze ist es zu verdanken, dass nun auch Mädchen eine höhere Schulbildung angeboten wird.
Sie selbst – als Tochter eines Juristen und einer adeligen Mutter – hatte das Glück, die „Höhere Erziehungs-Anstalt“ in Münster besuchen zu dürfen. Mit einem Privatstudium erlangte sie das Zeugnis für den Unterricht an Elementarschulen.
Im Sommer 1872 eröffnete das 24jährige Fräulein Hentze an der Brünebrede 25 eine Höhere Töchterschule mit einem Internat für auswärtige Schülerinnen – nach Oelde (1868) die zweite im heutigen Kreisgebiet. Zuvor allerdings schrieb ihr die Königliche Regierung in Münster noch vor, die „Prüfung für das Amt der Vorsteherin an einer weiblichen Unterrichts- und Erziehungsanstalt“ abzulegen.

Wie damals üblich, mussten die Schulgründerinnen ihre Privatschulen selbst finanzieren, indem sie Schuld für ihre Zöglinge erhoben. Pauline Hentze hatte Erfolg, bereits im ersten Jahr meldeten sich 15 katholische, evangelische und jüdische Schülerinnen an.
Die Töchterschulen vergaben keine Berechtigungen. An ein akademisches Studium für Mädchen wurde noch nicht gedacht. Die bürgerlichen Familien im kaiserlichen Deutschland wünschten sich für ihre Töchter eine standesgemäße Ausbildung, damit sie ihren späteren Aufgaben als Ehefrau, Hausfrau und Mutter besser nachkommen konnten. Die Töchterschulen sollten aber auch ledigen Mädchen zu einer selbständigen, geachteten Existenz verhelfen, etwa als Privatlehrerin oder Erzieherin.
Der „Lectionsplan“ der Hentzeschen Schule war umfangreich: Deutsche Sprache, Aufsatz, Grammatik und Literatur, Kopf- und Tafelrechnen, Weltgeschichte und Geographie, Physik und Chemie, Zeichnen, Handarbeit und natürlich Religion. Einen Schwerpunkt setzte Pauline Hentze bei der französischen Sprache. Jeden Tag wurde französische Grammatik und Konversation gelehrt. Sie selbst beherrschte dank ihrer belgischen Mutter das Französisch wie eine Muttersprache.

Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Töchterschule so gut, dass drei Schwestern von Pauline Hentze an der Schule tätig wurden. 1876 besuchten 45 Mädchen die Schule. Doch als Pauline im selben Jahr den Fabrikanten Oscar Eylardi heiratete, war ihre Karriere vorbei, schließlich war eine verheiratete Lehrerin in Warendorf nicht tragbar. Und auch ihre Schwestern konnten das Institut – nun in eigener Regie – nicht mehr lange halten: 1881 musste die Höhere Töchterschule geschlossen werden.


Mechtild Wolff-Haunhorst

1 Zeugnisvermerk von 1867